Das mallorquinische schwarze Schwein: Alles über die Geschichte, Haltung und Geschmack in der Inselküche
Wenn du auf Mallorca durch das Landesinnere fährst, fallen dir früher oder später dunkle Schweine auf, die zwischen Steinmauern, Feigenbäumen und roten Feldern nach Futter suchen. Das ist der Porc Negre, das einheimische schwarze Schwein der Insel, das seit Jahrhunderten zur Landschaft gehört und eng mit der bäuerlichen Kultur verbunden ist. Lange Zeit war dieses Tier eine Art lebende Vorratskammer, aus der Fleisch, Wurst und Schmalz für das ganze Jahr stammten.

In den letzten Jahrzehnten galt die Rasse fast als gefährdet, weil schnelle Mastschweine wirtschaftlich attraktiver waren, heute erlebt sie eine kleine Renaissance. Verantwortlich dafür sind Qualitätsprogramme, engagierte Züchter und die wachsende Lust auf regionale Produkte mit klarer Herkunft. Aus dem Fleisch entstehen Spezialitäten wie Sobrassada, Botifarró oder Porcella, die du in Dorfbäckereien, auf Märkten und in Restaurants findest. Gleichzeitig erzählt der Porc Negre viel über das Leben auf dem Land, über Fincas, auf denen Tiere noch im Freien gehalten werden, und über Traditionen wie die winterliche Schlachtung. Wer sich ein bisschen mit dem Tier beschäftigt, versteht die mallorquinische Inselküche noch einmal ganz anders.

Geschichte und Besonderheiten des Porc Negre
Der Porc Negre gilt als autochthone Schweinerasse der Balearen und seine Wurzeln reichen sehr weit zurück. Archäologische und historische Hinweise deuten darauf hin, dass schon in talaiotischer Zeit Schweine auf die Insel kamen, die sich im Laufe der Jahrtausende mit später eingeführten Rassen mischten und so die Grundlage für den heutigen Bestand bildeten. Vermutet wird ein genetischer Mix aus iberischen, keltischen und teils asiatischen Linien, der sich an Klima, Futter und Lebensweise Mallorcas angepasst hat, über lange Zeit durch einfache Bauern selektiert nach Robustheit, Fettqualität und guter Fleischigkeit.
Optisch unterscheidet sich der Porc Negre deutlich von den rosafarbenen Mastschweinen, die man aus der industriellen Haltung kennt. Die Tiere sind eher mittelgroß, mit dunkler, schiefergrauer Haut, dichtem schwarzen oder dunkelbraunen Borstenkleid und langen, nach vorn fallenden Ohren, die einen Teil des Gesichts beschatten. Typisch sind außerdem zwei längliche Hautauswüchse am unteren Hals, die auf Mallorca „mamelles“ genannt werden und sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Tieren auftreten. Die Beine sind kräftig, die Klauen widerstandsfähig, denn der Porc Negre bewegt sich oft auf hartem, steinigem Untergrund. Charakterlich beschreibt man ihn als ruhig, wenig scheu und anpassungsfähig, was das Hüten auf offenen Flächen erleichtert.

Im 20. Jahrhundert geriet die Rasse unter Druck. Schnell wachsende weiße Fleischschweine brachten mehr Kilo in kürzerer Zeit, während der Porc Negre langsamer wächst, mehr Platz braucht und fettreicheres Fleisch liefert. Viele Betriebe stellten um, der Bestand schrumpfte dramatisch. Erst ab den 1980er Jahren begann ein systematisches Erhaltungsprogramm mit Zuchtbuch, Kontrollen und Förderungen, um die Rasse vor dem Verschwinden zu bewahren. Heute gilt der Porc Negre wieder als fester Bestandteil der mallorquinischen Landwirtschaft, wenn auch im Vergleich zur industriellen Schweinehaltung in deutlich kleinerem Maßstab.
Besonders geschätzt wird neben dem kräftig roten Fleisch die Qualität der intramuskulären Fette. Die Tiere lagern vergleichsweise viel Fett ein, dieses enthält aber hohe Anteile an ungesättigten Fettsäuren, vor allem Ölsäure. Dadurch werden Wurstwaren und frisches Fleisch sehr saftig, aromatisch und bleiben beim langsamen Garen zart. Genau diese Fetteigenschaften sind einer der Gründe, warum Porc-Negre-Produkte in den letzten Jahren wieder stärker gefragt sind.
Haltung, Fütterung und Alltag auf der Finca
Wer den Porc Negre sehen will, fährt am besten ins Inselinnere. Viele Herden leben im sogenannten halb extensiven System. Das bedeutet, die Tiere verbringen viel Zeit im Freien, haben aber gleichzeitig Zugang zu einfachen Unterständen und werden zusätzlich mit Futter versorgt. Typisch sind Weiden mit Steinmauern, alte Oliven-, Mandel- und Feigenbäume, dazu Kork- oder Steineichen, die Schatten spenden und Futter liefern.

Die Ernährung basiert traditionell auf dem, was Hof und Umgebung hergeben. Dazu gehören Gerste, Mais und andere Getreide, aber auch Carobschoten, Feigen, Eicheln und Gemüse, manchmal auch Küchenreste. In guten Jahren können die Tiere viel frisch vom Boden fressen, in trockenen Perioden wird stärker zugefüttert. Wichtig ist weniger ein genormtes Mastfutter als eine Kombination aus Energie, Ballaststoffen und Aromen, die sich später im Geschmack des Fleisches wiederfinden.
Die Tiere wachsen langsam und werden in der Regel erst nach deutlich mehr Monaten geschlachtet als konventionelle Schweine. Dadurch entwickelt sich ein dichteres, aromatischeres Fleisch mit der typischen Fettmarmorierung. Ein Teil der Porc-Negre-Bestände wird in Familienbetrieben gehalten, in denen noch immer die traditionelle Matança, also die Hausschlachtung im Herbst oder frühen Winter, eine Rolle spielt. Dort kommen Familie, Nachbarn und Freunde zusammen, um einen Tag lang zu arbeiten, zu würzen, zu kochen und am Ende gemeinsam zu essen.

Gleichzeitig gibt es heute spezialisierte Zuchtbetriebe, die nach klaren Qualitätsregeln arbeiten. Die Rasse ist offiziell registriert, es gibt Kontrollen von Abstammung, Fütterung und Haltungsform. Viele Fincas sind offen für Besucher, haben kleine Hofläden oder bieten Verkostungen an, manchmal im Rahmen eines Agroturismo mit Zimmern zwischen Weinstöcken, Olivenbäumen und Schweineweiden.
In der mallorquinischen Küche: Von Sobrassada bis Porcella
In der mallorquinischen Küche spielt der Porc Negre eine Hauptrolle. Das bekannteste Produkt ist die „Sobrassada de Mallorca de Porc Negre“, eine streichfähige Paprikawurst mit geschützter geografischer Angabe. Für diese Variante ist festgelegt, dass nur Fleisch und Fett von Porc-Negre-Tieren verwendet werden, dazu Paprika, Salz und Gewürze. Das Ergebnis ist eine tiefrote, aromatische Wurst, die auf frischem Brot, leicht erwärmt oder als Zutat in Eintöpfen und Ofengerichten verwendet wird.

Daneben entstehen aus dem Porc Negre weitere traditionelle Würste und Spezialitäten. Botifarró ist eine grobe Blutwurst, oft mit Zwiebeln und Gewürzen. Camaiot erinnert an eine Art Sülzwurst mit Fleischstückchen und Speck. Llonganissa sind dünnere, luftgetrocknete Würste. Aus frischem Fleisch bereitet man Braten, Koteletts oder Eintöpfe, besonders bekannt ist die „porcella rostida“, ein im Ganzen gebratenes Spanferkel, das bei Festen und Feiern auf den Tisch kommt.
Auch der Schmalz spielt eine Rolle. Der sogenannte „saïm“ wird in Teige eingearbeitet und ist verantwortlich für die typische Konsistenz von Ensaimadas und anderen Backwaren. Ohne Schweinefett in der Küche wäre die klassische süße Seite der Insel kaum denkbar. Knochen, Haut und Innereien finden ihren Weg in Suppen, Brühen und Gerichte wie Frit de matances, in dem Kartoffeln, Leber, Fleisch und Gemüse in der Pfanne aufeinandertreffen.
Zwei einfache Rezepte mit Porc-Negre-Produkten
1. Wärmende Ofenkartoffeln mit Sobrassada de Porc Negre
Zutaten für 4 Personen:
- 800 g kleine Kartoffeln
- 120 g Sobrassada de Porc Negre
- 2 rote Zwiebeln
- 2 EL Olivenöl
- Salz, Pfeffer, etwas Rosmarin oder Thymian
So geht es:
- Kartoffeln waschen und halbieren, Zwiebeln schälen und in Spalten schneiden.
- Alles mit Olivenöl, Salz, Pfeffer und Kräutern mischen und auf ein Blech geben.
- Im Ofen bei etwa 190 Grad rösten, bis die Kartoffeln fast gar sind.
- Sobrassada in kleinen Stücken über die heißen Kartoffeln geben und noch einige Minuten weiterbacken, bis sie leicht zerlaufen ist.
- Mit einem grünen Salat oder etwas gegrilltem Gemüse servieren.
2. Einfache Porc-Negre-Pfanne mit Gemüse
Zutaten für 4 Personen:
- 500 g frische Porc-Negre-Filetspitzen oder mageres Schulterfleisch in Streifen
- 1 rote Paprika
- 1 grüne Paprika
- 1 Zucchini
- 1 Zwiebel
- 2 Knoblauchzehen
- 3 EL Olivenöl
- 100 ml Weißwein oder Brühe
- Salz, Pfeffer, Paprikapulver, etwas Petersilie
Zubereitung:
- Gemüse in Streifen oder Würfel schneiden, Zwiebel und Knoblauch fein hacken.
- Fleischstreifen in einer großen Pfanne mit einem Teil des Öls kräftig anbraten, salzen und pfeffern, herausnehmen und beiseitestellen.
- Im restlichen Öl Zwiebel und Knoblauch glasig dünsten, dann Paprika und Zucchini dazugeben und einige Minuten weiterbraten.
- Fleisch wieder in die Pfanne geben, mit Wein oder Brühe ablöschen und kurz schmoren, bis alles gar, aber noch saftig ist.
- Mit Paprikapulver und Petersilie abschmecken und mit Brot, Reis oder Ofenkartoffeln servieren.
Wo du Porc Negre auf Mallorca erleben kannst
Als Reisende oder Reisender findest du Porc-Negre-Produkte an vielen Stellen der Insel, vor allem aber dort, wo noch ein enger Bezug zur Landwirtschaft besteht. In traditionellen „cellers“ im Inselinneren stehen Gerichte mit Porcella, Sobrassada, Botifarró oder gemischten Fleischplatten oft auf der Karte. Wochenmärkte in Orten wie Sineu, Inca oder Santa Maria haben Stände, an denen hausgemachte Wurstwaren vom Porc Negre verkauft werden, meist mit deutlicher Kennzeichnung und oft mit Kostprobe.
In Palma lohnt ein Blick in Markthallen wie Mercat de l Olivar oder Santa Catalina, wo Feinkoststände Vakuumpackungen von Sobrassada de Porc Negre, Llonganissa und anderen Spezialitäten anbieten, die sich gut mit nach Hause nehmen lassen. Achte auf Logos der geschützten geografischen Angabe oder Hinweise wie „Porc Negre Mallorquí“, dann weißt du, dass die Herkunft kontrolliert ist.

Besonders nah kommst du dem Tier auf Fincas und Agroturismos, die Führungen oder kleine Einblicke in die Hofarbeit anbieten. Dort siehst du, wie Schweine zwischen Bäumen laufen, Schlammlöcher suchen, in Gruppen fressen und sich im Schatten ausruhen. Manche Betriebe verbinden das mit Degustationsmenüs, bei denen du verschiedene Zubereitungsarten probieren kannst, vom einfachen Brot mit Sobrassada bis zu mehrgängigen Menüs rund um das schwarze Schwein.
Ein Tier, das Inselgeschichte erzählt
Der Porc Negre ist weit mehr als nur eine besondere Schweinerasse. Er steht für eine ländliche Kultur, die vom Rhythmus der Jahreszeiten, von sparsamer Nutzung der Ressourcen und von Gemeinschaft geprägt ist. Wer auf Mallorca eine Scheibe Sobrassada de Porc Negre, ein Stück Porcella oder eine rustikale Pfanne mit Fleisch und Gemüse isst, kostet immer auch ein bisschen Vergangenheit und viel Handwerk.
Gleichzeitig zeigt die Geschichte der Rasse, dass traditionelle Produkte auch in der Gegenwart bestehen können, wenn sie sorgfältig gepflegt und zeitgemäß weiterentwickelt werden.
Hast du den Porc Negre auf Mallorca schon einmal bewusst probiert oder vielleicht eine Finca besucht, auf der schwarze Schweine gehalten werden? Erzähl uns gerne von deinen Eindrücken, Lieblingsgerichten und vielleicht auch von einem besonderen Marktstand oder Restaurant in den Kommentaren, wir freuen uns jederzeit über ein paar Geschichten rund um Mallorcas schwarzes Schwein.